A little too ironic |
Freitag, 2. Mai 2008
Das Begräbnis
yishu, 23:11h
Wer bist du noch für mich? Ich erkenne hinter deinen Gesten noch die Spuren derer, die damals deine waren. Du bist nicht mehr der meine und du bist schon gleich gar nicht mehr der Alte. Die Hülle ist dieselbe, doch ich sehe nichts mehr in dir. Du trugst mein Alles in dir, doch das ist Stück für Stück zu nichts und nichtig geworden und zog als Rauchschwaden nach oben und der Wind trug es davon. Du trägst es nicht mehr in dir und ich kann es nicht mehr in dir sehen. Die Hülle ist nun ein völlig anders beseelter Zustand, ich kenne sie nicht mehr. Du bist ein völlig anderer. Und doch können wir nicht in einem Raum stehen, ohne dass ich deine Gegenwart spüre. Einst nannte sich das Liebe, doch jetzt ist das völlig anders. Es ist das schlichte Bewusstsein des Nichts. Ich hasse dich nicht und ich liebe dich nicht. Ich habe aufgehört, Zustände des Wirs anzustreben. Ich nehme es so hin. Das ist in Ordnung, denn es strömt weder in mich hinein noch aus mir heraus.
Leider haben wir vergessen, eine Zeremonie abzuhalten. Ich konnte mich nie von dem alten, schönen Wir verabschieden. Es ging so schnell und schon waren wir andere. Wir haben wohl die Beerdigung verpasst. Hätte ich doch nur am Grab stehen können, um Uns eine Träne hinterher zu weinen, dann ein nettes Wort zu sagen, eine Lilie auf den Sarg zu werden und dann zuzusehen, wie doch Loch zugegraben wird. Ich hätte wohl gesagt: „Auch wenn er mir manchmal Kummer bereitet hat, werde ich diesen guten Kameraden nie vergessen. Ich habe ihn sehr gemocht.“ Du würdest dein „ich werde ihn nicht vermissen“ sicherlich auch taktvoller ausdrücken, denn sowas sagt man ja nicht zu einer Beerdigung. So wüsste ich, wo dieses Wir begraben liegt und wann es gestorben ist. Ich hätte mir Regen gewünscht und mich schwarz angezogen und du hoffentlich auch. Dann hätte ich mir eingeredet, dass du auch ein bisschen trauerst und ich hätte darauf hoffen können, dass der nächste Tag wieder etwas sonniger wird. Wir hätten uns verabschiedet und wären im Bewusstsein auseinandergegangen, dass das Wir gestorben ist und dass es zumindest in Frieden ruht. Mein letzter Blick zurück auf den Grabstein würde auf den Satz treffen „hier ruht die leise Ahnung davon, was perfekt ist“. Doch so war es nicht. Und es hat wirklich lange gedauert, zu begreifen, dass die Seele des Wirs einfach nicht mehr in dir ist. |
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Letzte Aktualisierung: 2008.05.21, 15:30 status
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